Leiden wir jetzt alle an Covid-19-PTBS? Manche spürten es früher, manche später. Eine posttraumatische Belastungsstörung nach all dem, was war, was wir erlebt haben.
Eine Zeit, die wir so oder so durchlebt haben, die die meisten von uns jedenfalls an irgendwelche Grenzen gebracht hat. Ein Clash von Selbstbild und Realität. Die Grenzen meiner Geduld, meine Reizbarkeit, uh, unsexy, unschön. Und doch, im Nachhinein bin ich stolz darauf, wie ich, wie wir als Familie diese Zeit gelebt, überlebt haben. Es ist auch unmöglich zu sagen, ob diese Zeit gut oder schlecht war – so viele Einflüsse kreuzen sich. Gut war der Moment erweiterten Bewusstseins, einmal mittendrin im lockdown, als ich dachte: es ist, als würden wir alle in einem dystopischen Roman leben – die “unsichtbare Gefahr”, die jede unserer Bewegungen, Gesten beeinflusst, unsere Gedanken und Gefühle beherrscht. Jedenfalls etwas, das uns rauskatapultiert aus unseren Gewohnheiten und Routinen. Und diesen Gedanken fand ich spannend. Somit konnte ich die Situation als eine (sehr anstrengende) Meditation sehen.
Dann die Lockerungen. Wiederum mit der Suche nach Orientierung, nach einem neuen Rhythmus einhergehend. Verzweifelte Tage und euphorische Tage habe ich hinter mir. Und plötzlich wieder (so wie in der ersten Woche des Lockdowns) so ein Gefühl der Machtlosigkeit, des Ausgeliefertseins. Diesmal der eigenen Wut. Woher kommt sie?
Gedanken über die innere Gewalttätigkeit.
Merkst du es auch? Ich merkte es bei einem Zusammenstoß als Fahrradfahrerin mit einer Autofahrerin. Alle (ich inklusive) kommen mir verstörter vor, dünnhäutiger, hilflos aggressiv, aggressiv aus Hilflosigkeit.
Der Konflikt erinnerte mich an etwas, das Tara Judell (eine der tollsten Yogalehrerinnen füŕ mich) vor Jahren gesagt hat. Damals zum Thema Terror. Wie viel Terror tragen wir denn in uns, in unseren Gedanken? Der Terror in uns. Damit müssen wir uns beschäftigen.
Dass diese Art zu denken höchst provokativ sein kann und möglicherweise auf Ablehnung stößt, dessen bin ich mir bewusst. Dass sie dennoch in mir auf Resonanz stieß und für mich interessant und weiterverfolgenswert ist, dem ist auch so. Denn so habe ich zumindest das Gefühl, etwas tun zu können. Den Moment, das innnere und äußere Erleben so zu reframen, dass es mir etwas gibt – nämlich Wachstumsmöglichkeit, Erkenntnisspielraum.
Und so kam ich auf die Frage: Wo bin ich in Gedanken gewalttätig zu mir? Wo bin ich in inneren Dialogen gewalttätig zu mir? Wo bin ich in Vergleichen und Anforderungen und unreflektiert übernommenen Strukturen innerlich gewalttätig zu mir? Wie spiegelt mir die Welt meine innere Gewalttätigkeit? Was kann ich tun?
Keine Lösungen hier noch, aber Ideen, Zufälle (Dinge, die mir zu-fielen), Tröstungen:
Zu den Tröstungen: Auf Ö1 Sonntag Abend ein paar Schnipsel davon gehört, diese Musik, sofort gespürt, körperlich gespürt, wie gut sie mir tut, wie heilsam sie ist. Mich damit beschäftigt, diese Frau, diese Platte:
Alice Coltrane, A Journey in Satchidananda. Die Platte besorgt. Immer und immer wieder höre ich sie gerade. Lass mich von dieser Musik umspülen, durchdringen.
Eine YinYoga Stunde darum komponiert. Meditation von innen und von außen. Meditation durch Körperhaltungen (so lange gehalten, minutenlang, dass der Körper entspannen darf, die Muskeln – tiefer, die Fasern), Musik als Meditation.
Ein Buch: Praktischerweise hat der Dalai Lama ein Buch geschrieben über die Kraft der Wut. Be angry! Die Kraft der Wut kreativ nutzen.
Aussprechen, darüber reden, es sehen, im Innen, was man im Außen sieht. Das ist die Reise gerade. Kommst du mit?
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